Offener Brief
An
Dr. Daniel Friedrich Sturm
Leiter Hauptstadtbüro, Mitglied der Chefredaktion
Der Tagesspiegel
Sehr geehrter Herr Dr. Sturm,
mit großer Bestürzung haben wir den Artikel „Streit in Deutsch-Israelischer Gesellschaft: Beck ist Sprachrohr rechtsextremer Regierung“ im Tagesspiegel vom 28. Mai 2025 zur Kenntnis genommen.
Darin wird Volker Beck als Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft für seinen Umgang mit dem derzeitigen Krieg in Gaza an den Pranger gestellt. Insbesondere wird ihm vermeintliche mangelnde Distanz zur israelischen Regierung und fehlende Empathie für die zivilen palästinensischen Opfer zum Vorwurf gemacht. Als einzige Person, die namentlich zu Wort kommt, wird einer von Becks Amtsvorgängern in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Reinhold Robbe, erwähnt.
Mit diesem Vorgehen stellt sich der Tagesspiegel in einem innerverbandlichen Streit auf die Seite einer Konfliktpartei. Die einseitige Darstellung erweckt den Eindruck, dass der Bericht nicht der Wahrheitsfindung dient, sondern Teil einer Kampagne gegen einen seit Jahrzehnten unbequemen, weil unabhängigen Kopf ist.
Das Netzwerk Jüdischer Hochschullehrender in Deutschland, Österreich und der Schweiz e. V. verurteilt diese Art von Berichterstattung, die aus unserer Sicht mehr politischen Aktivismus widerspiegelt als journalistische Professionalität. Wir kennen und schätzen Herrn Beck als eine der verlässlichsten Stimmen in Deutschland, wenn es um Menschenrechte, den Schutz von Minderheiten, um die Bekämpfung von Antisemitismus sowie um die Verteidigung des Existenzrechts Israels geht. Der gegen ihn von Herrn Robbe erhobene und vom Tagesspiegel unkommentiert wiedergegebene Vorwurf, das „Sprachrohr einer rechtsextremen Regierung“ zu sein, ist diffamierend, entbehrt jeder sachlichen Grundlage, und greift seine persönliche Integrität und politische Biografie auf höchst unseriöse Weise an.
Wir erwarten, dass sich die Redaktion des Tagesspiegels bei Herrn Beck für die unkritische Übernahme dieser Vorwürfe entschuldigt. Ferner sollte Herrn Beck zeitnah Gelegenheit gegeben werden, in einem Beitrag von mindestens ähnlicher Länge seine Sicht der Dinge darzustellen. Dies ist nicht nur ein Gebot des Anstands, sondern die Mindestanforderung an journalistische Standards.
Der Vorstand des Netzwerks Jüdischer Hochschullehrender e. V. i.G.
Prof. Dr. Julia Bernstein
Prof. Roglit Ishay
Dr. Ilja Kogan